"Es gibt nun menschliche Phänomene, auch bedeutsame Lebenssituationen, die – wenn man sie sich vor Augen führt, was sie einmal an humaner Sinnqualität hatten – inzwischen eine Einbuße derselben anzeigen. Mit anderen Worten: Sie haben nicht mehr den humanen Sinnbezug für das gegenwärtige Dasein des Menschen; sie sind irgendwie aus dem Tritt gekommen oder haben keine große Relevanz mehr, vielleicht genießen sie – hier und da – nur noch eine nostalgische Aufmerksamkeit.
Diese Phänomene gilt es zu bedenken, auch wenn sie für den Drang nach Aktualität unzeitgemäß sind. Sie passen nicht mehr so recht ins Gegenwartsbewusstsein, in die besinnungslosen Lebensabläufe und Geschäftigkeiten, wie sie das moderne Dasein von den Menschen einfordern. Mit einem Wort: Sie sind mehr oder weniger posthume Phänomene, allenfalls Momente des Daseins, die man als sinnhafte Restpotentiale der Gegenwelt vorhalten kann, weil sie an eine Kehrseite unseres gegenwärtigen Existenzsinns gemahnen.
Diese Phänomene, die Lebenssituationen ausmachen, wie z. B. das Lesen, das Schweigen, die Stille und das Warten, aber auch existenzielle Erfahrungssituationen wie der Tod des Nächsten oder die Sterblichkeit offenbaren menschliche Sinndimensionen, die bedacht sein wollen. Bedacht deshalb, weil sie eine Vergangenheit hatten oder aber einen humanen Sinnhorizont verkörperten, der m. E. für die conditio humana immer noch bzw. weiterhin gelten sollte. Dieses zu verstehen, nicht etwa wissenschaftlich zu objektivieren, scheint mir – trotz der genannten Unzeitgemäßheit – des Nachdenkens wert." (Auszug aus dem Vorwort)
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